Freitag, 19. Juli 2013

Duftmärchen "Die Rosenfee"

Für die Kinderbetreuung bei PrimaVera in Oy-Mittelberg habe ich mich mal an ein Märchen gewagt.
Mein erstes Märchen überhaupt.
Ich würde mich sehr über eure Rückmeldungen freuen.

Mein Ziel war es, die Wirkung des Rosenduftes und eine Rosenfee (da wir diese im Anschluss herstellten) in die Geschichte einzubauen.


Die Rosenfee

 Ein Duftmärchen von Tanja Laupheimer

Vor vielen vielen Jahren lebte ein kleines, 5-jähriges Mädchen namens Rosalie. Sie war ein Waisenkind, denn ihre Eltern waren bei einem Unfall verstorben. Rosalie wohnte seither bei ihrer Tante und ihrem Onkel. Dennoch fühlte sie sich schrecklich allein. Sie vermisste ihre Eltern sehr.

Rosalie war so traurig, dass sie sich jeden Tag in ihrem Zimmer verkoch. Den ganzen Tag lag sie auf ihrem Bett und dachte nach. Die Rollläden hatte sie bis ganz nach unten geschlossen, so dass es beinahe völlig dunkel in ihrem Raum war.

In den Kindergarten wollte sie auch nicht gehen. Dabei war sie früher so gerne dort hingegangen um mit ihren Freunden zu spielen und herumzutollen. Zusammen hatten sie großen Spaß und es wurde viel gelacht. Doch der Unfall hatte alles verändert… Seither konnte Rosalie nicht mehr lachen. Sie war nur noch traurig und fühlte sich einsam.

Das ging nun schon viele Wochen so. Inzwischen war es Sommer geworden und die Sonne schien täglich warm und golden. Die Tante kam jeden morgen zu Rosalie ins Zimmer, brachte ihr frisch gepressten Orangensaft und Obst an ihr Bett. Mal waren es saftige Erdbeeren ein andermal süße Kirschen oder reife Himbeeren, die sie aus dem Garten geerntet hatte.  Doch Rosalie rührte nichts an – wie immer. Nur vom Saft trank sie einen kleinen Schluck.

Die Tante machte sich große Sorgen um Rosalie. So konnte es nicht weiter gehen. Nicht einmal zu einem kleinen Spaziergang ließ sie sich überreden.

Eines Morgens, als die Sonne wieder besonders warm schien, öffnete die Tante zum ersten Mal die Rollläden, als sie Rosalie wie gewöhnlich das Frühstück ans Bett brachte. Sogleich brachen einige Sonnenstrahlen herein und erfüllten das Zimmer mit Licht. Die Tante öffnete sogar das Fenster, so dass die Wärme des Sommers herein strömte. Rosalie kniff die Augen zusammen, die Sonne blendete sie. Zu lange hatten ihre Augen kein Licht mehr gesehen und sich an die Dunkelheit gewöhnt.

Leise ging die Tante zur Tür hinaus und schloss sie hinter sich. Rosalie blieb liegen, sie bewegte sich kein bisschen,  doch sie spürte die warme Sonne auf ihrem Rücken. Nach einer Weile drehte sie sich langsam um, so dass die Sonne auf ihren Bauch scheinen konnte. Eine wohlige Wärme breitete sich in Rosalie aus. Sie fühlte sich von Minute zu Minute besser und hielt es schließlich nicht länger im Bett aus.

Langsam stand sie auf, streifte sich ein Kleid über und ging barfuß Schritt für Schritt nach draußen. Sie atmete die warme Sommerluft tief ein und aus – ein und aus.  

Rosalie reckte ihre kleine Nase hoch gegen den Himmel. Sie konnte einen herrlichen Duft riechen. Diesen kannte sie ganz genau. Ihre Mutter hatte danach immer geduftet. Jeden Morgen, als sie sich früher im Bad gerichtet hatte, hatte sie eine Creme benutzt, die genau so duftete – nach Rose.

Sie atmete den Duft in sich hinein und dabei erinnerte sie sich an viele wundervolle Momente die sie mit ihrer Mutter erlebt hatte – wenn sie Rosalie am frühen Morgen sachte wach küsste und sie umarmte, als sie noch halb verschlafen war, wenn sie sich die Knie aufgeschlagen hatte und die Mutter sie auf ihren Schoß nahm um sie zu trösten, wenn sie Rosalie fest in die Arme nahm und an sich drückte wenn sie sie aus dem Kindergarten abholte,  wenn sie ihr am Abend im Bett eine Geschichte erzählte und an ihren Haaren spielte….

Rosalie stand wie angewurzelt da, hatte die Augen geschlossen und die Erinnerungen spiegelten sich vor ihren Augen wie wenn sie diese gerade noch einmal erleben durfte. Es war, wie wenn ihre Mutter direkt neben ihr stand und sie berührte, so wie sie es vor dem Unfall immer getan hatte.

Plötzlich hörte Rosalie, eine zarte Stimme an ihrem Ohr. Zuerst dachte sie, ihre Mutter würde zu ihr sprechen, denn die Stimme war ihr sehr ähnlich. Doch als sie genauer hinhörte, bemerkte sie, dass es jemand anderes sein musste.

Ganz vorsichtig öffnete Rosalie ihre Augen. Wieder blendete sie die Sonne und wieder hörte sie die zarte Stimme an ihrem Ohr.

„Wer bist du“, fragte Rosalie und drehte sich in die Richtung aus der die Stimme kam. Nun konnte sie es sehen, ein kleines, rosa Wesen mit einem spitzen Hut. „Ich bin Rosa, die Rosenfee und wer bist du?“ „Ich bin, Rosalie“, antwortete sie. „Und warum bist du so traurig?“ Da erzählte Rosalie die ganze Geschichte. Von ihren Eltern, vom Unfall, von ihrer Traurigkeit und ihrer Einsamkeit. Ihre Erzählung endete vom wunderbaren Rosenduft und dass ihre Mutter immer danach geduftet hatte.

Noch nie hatte Rosalie ein Wort darüber verloren. Nicht mal mit ihrer Tante oder ihren besten Freundin hatte sie darüber gesprochen. Eigentlich wenn sie genau nachdachte, hatte sie seit dem Unfall kein einziges Wort mehr gesprochen und nun, nun war einfach alles aus ihr herausgesprudelt. Seltsam, die Rosenfee war ihr doch völlig fremd, doch sie fühlte sich mit jedem Wort besser und ihr wurde leichter und leichter ums Herz.

Die Rosenfee hatte wortlos zugehört. Nur zwischendurch hat sie immer wieder leise aufgeseufzt. Als Rosalie fertig war zu erzählen, hüpfte die Rosenfee ihr direkt auf den Schoß und blickte ihr tief in die Augen. Dann nahm sie Rosalie vorsichtig an der Hand – wie gut sie sich anfühlte. Ganz zart und weich, beinahe wie eine Rosenblüte.

Gemeinsam standen sie auf. Die Rosenfee führte Rosalie langsam an ihrer Hand durch den Garten. Immer wieder blieben sie stehen und atmeten tief ein und aus – ein und aus. Der Rosenduft wurde immer intensiver und Rosalie kamen bei jedem Atemzug neue Erinnerungen an ihre Mutter in den Sinn: Wie sie in der Badewanne saß und ihre Mutter ihr die Haare wusch, wie sie das erste Mal auf ihr Fahrrad stieg und ihre Mutter sie hinten am Gepäckträger festhielt damit sie nicht umkippte.

Rosalie fühlte sich ihrer Mutter so nah und vertraut.

Wieder gingen sie ein Stück weiter. Rosalie schloss die Augen um den Duft noch stärker riechen zu können. 

Nach einigen Schritten hörte sie die Rosenfee leise wispern: „Öffne deine Augen, wir sind da“, und  Rosalie gehorchte. Ganz langsam und vorsichtig öffnete sie ihre Augen. Als sie diese endlich komplett geöffnet hatte, sie  ließ sich dabei wirklich viel Zeit, sah sie es. Vor ihr wuchs, mitten im Garten ein Rosenstock. Er war voller Rosenblüten und duftete wundervoll.

Ganz vorsichtig streckte Rosalie ihre Hände aus um die zarten Rosenblätter zu berühren. Sie fühlten sich so weich an und sie erinnerte sich daran, dass die Lippen ihrer Mutter, wenn sie sie auf die Stirn küsste, sich ähnlich anfühlten.

„Nimm dir eine Blüte mit“, flüsterte ihr die Rosenfee zu. „Ihr Duft soll dich immer an deine Mutter erinnern, das wird dir gut tun und dich erfreuen. Rosen haben eine ganz besondere Wirkung – sie erleichtern dein Herz wenn du traurig bist.“

 Rosalie ließ sich viel Zeit um die Rosenblüte auszuwählen. Ganz behutsam betrachtete sie jede Rose ganz genau und streichelte sachte über ihre Blätter. Beinahe war es ihr so, wie wenn sie aus jedem Rosenkelch ihre Mutter heraus lächeln sehen konnte.

Als sie sich endlich für eine Rose entschieden hatte und diese der Rosenfee zeigen wollte, war diese schon längst verschwunden.

Lächelnd ging Rosalie zurück zum Haus. Auf der Terrasse saß ihre Tante in der Sonne. Als sie Rosalie näher kommen sah, stand sie auf und ging ihr entgegen. Sie nahm Rosalie fest in ihre Arme und drückte sie an sich. Gemeinsam gingen die beiden hinein – auf dem Tisch stand ein Strauß Rosen der seinen herrlichen Duft verbreitete.






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